Drohnen - Die neuen Verkehrsteilnehmer

Die Zahl der Anwendungsmöglichkeiten von Drohnen wird größer. Sie werden für Film- und Fotografie, Inspektionen, Vermessungen oder in der Landwirtschaft eingesetzt. Dabei handelt es sich vorrangig um gelegentlich stattfindende, räumlich begrenzte Einsätze.

Entwicklungen wie der angekündigte Amazon-Prime-Air-Dienst oder Transporte medizinischer Güter wie Laborproben oder Blutkonserven geben einen Einblick, was im Bereich Drohnen als nächstes auf uns zukommen wird: Lieferdrohnen sind die nächste zu erwartende Entwicklungsstufe. Ein weiterer könnten Passagierdrohnen werden. Diverse Hersteller wie Volocopter, Lilium und EHang entwickeln derzeit Passagierdrohnen, die Personen automatisiert durch die Luft transportieren sollen. Und wer hat nicht schon mal davon geträumt zur Arbeit zu fliegen, statt mit allen anderen am Boden im Stau zu stehen?

Während zuvor genannte räumlich begrenzte Einsätze in der Regel nur nach Bedarf stattfinden, haben Liefer- und Passagierdrohnen das Potenzial, zu einer Massenanwendung zu werden, die insbesondere in Städten stattfinden wird. Und das aus einem einfachen Grund: Drohnen bieten personenbezogene Dienstleitungen an. Und über die Hälfte der Weltbevölkerung, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen könnte, lebt in Städten.

Mit der zunehmenden Zahl von Drohnen wächst aber auch die Gefahr von Unfällen. Und damit entsteht ein Bedarf an Verkehrsregelungsmaßnahmen. Als vor rund hundert Jahren das Automobil noch relativ neu war, und nur wenige Menschen damit umherfuhren, waren zunächst keine weiteren Maßnahmen notwendig, um Verkehr sicher zu machen, außer einem Fußgänger, der vor dem Automobil herging und eine rote Fahne oder Laterne schwenkte. Doch das änderte sich, als die Zahl der Automobile zunahm. Fahrzeuge eroberten die Straßen, und Fußgänger und Radfahrer wurden auf eigens für sie geschaffene Wege verbannt. Nachdem an Kreuzungen der Verkehr zunächst von Polizisten geregelt wurde, übernahmen mit der Zeit Verkehrsschilder und Ampelanlagen diese Aufgabe. Etwas Ähnliches steht den Drohnen nun auch bevor. Denn je mehr Verkehrsteilnehmer existieren und je komplexer das Umfeld ist, desto mehr Verkehrsregelungsmaßnahmen müssen ergriffen werden, um Verkehr sicher zu machen.

Doch wie könnte das für Drohnen aussehen? Müssen wir jetzt unseren Luftraum mit Ampeln ausstatten?

Um diese Frage zu beantworten, muss erst einmal die Zuständigkeit geklärt werden. Was für eine Art Verkehr sind Drohnen? Luftverkehr oder Stadtverkehr? Die vorherrschende Meinung tendiert dazu, Drohnen dem Luftverkehr zuzuordnen. Das ist naheliegend. Es gelten die gleichen physikalischen Grundlagen für Drohnen wie für Helikopter oder Flugzeuge. Doch greift diese Zuordnung zu kurz. Die betrieblichen Anforderungen an Drohnenverkehr sind völlig andere.

In der herkömmlichen Luftfahrt wird ein erheblicher Teil an Flügen von Flugsicherungen überwacht. Dazu wurden große Radare für die Ortung aufgestellt, die Flugzeuge mit Transpondern ausgestattet, um sie identifizieren zu können, und Flugpläne eingeführt. Der Großteil der Flüge, die tagtäglich stattfinden, werden vorab angekündigt; meist viele Stunden bevor der Flug überhaupt stattfindet. Zusammengefasst kann man also sagen, dass die Luftfahrt überwiegend aus Verkehrsteilnehmern besteht, die sich identifizieren und ihre Absichten mitteilen. Daher verwundert es nicht, dass der Wunsch besteht, dass sich die Drohnen künftig alle registrieren, identifizieren und Flüge angemeldet werden. Doch repräsentiert dieses Vorgehen das Wesen von Drohnenoperationen?

In der herkömmlichen Luftfahrt richtet sich der Mensch nach den Flugplänen der Airlines. Wie anfangs erwähnt, erfüllen Drohnen eine personenbezogene Dienstleistung, indem sie Blutkonserven, Medikamente oder Päckchen transportieren. Sie sind also eng mit unseren Bedürfnissen verknüpft. Und eines sollte allen bekannt sein: ein Mensch ist keine Maschine. Ja, Menschen planen und führen durchaus ein routiniertes Leben. Es ist jedoch relativ unwahrscheinlich, dass jemand jeden Tag exakt zur gleichen Zeit das Haus verlässt. Darüber hinaus neigen wir dazu, Pläne umzuwerfen, weil etwas dazwischen gekommen ist; oder wir haben beim Einkauf etwas vergessen und müssen nochmal schnell zum Supermarkt. Der Mensch ist neben der ganzen Routine tatsächlich sehr spontan. Und genau das verlangen wir auch von den Dienstleistungen, die für uns erbracht werden. Sie müssen auf unsere Bedürfnisse hin zugeschnitten sein.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied zur Luftfahrt besteht darin, dass insbesondere kleine Drohnen keine festen Flugplätze benötigen. Jeder Garten, jedes Dach kann ein Landeplatz sein. Außerdem sehen sich Drohnen viel mehr Hindernissen ausgesetzt, als es in der bemannten Luftfahrt üblich ist. Flugzeuge müssen sich nicht mit Gebäuden, Bäumen oder anderen Verkehrssystemen auseinander setzen; Drohnen schon. Dies erhöht die Komplexität des Verkehrs in eine für Luftfahrer bisher noch nicht dagewesene Dimension.

Die Unterschiede zwischen konventionellem Luftverkehr und Drohnen sind einfach zu groß, als dass man sich bestehender Verfahren eins zu eins bedienen könnte. Vielmehr muss anerkannt werden, dass es sich bei Drohnenverkehr um ein völlig neues Verkehrssystem handelt. Wie damals… als das Automobil Einzug hielt. Vielleicht wäre es sinnvoll, sich mit der Frage zu beschäftigen, was die Charakteristiken des Drohnenverkehrs sind, anstatt die Drohnen in ein vorhandenes Korsett zu pressen und an der einen oder anderen Stelle lediglich kleine Anpassungen vorzunehmen. Bei genauerem Hinschauen würde man nämlich feststellen, dass Drohnenverkehr und Luftverkehr nur eines gemeinsam haben: sie nutzen das Medium Luft.